Senioren-WGs liegen auf Eis
DRK-Neubauprojekt Pinneberger Straße ist zurzeit nicht zu finanzieren / Zwei Jahre Zeit für Lösungen / Vorhaben soll umgesetzt werden
Die Idee, dass sich auch Senioren in Wohngemeinschaften (WG) zusammenfinden, ist nicht neu – hat aber großen Charme, findet das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Wedel. Damit auch Ältere das selbstbestimmte Zusammenleben in offenen Gruppen ausprobieren können, braucht es allerdings geeignete Wohnobjekte. Die wollte das DRK bereitstellen. Und sogar noch eins draufsetzen und echte Pionierarbeit leisten: Die alte Rettungswache in der Pinneberger Straße sollte einem Neubau weichen, der nicht nur Senioren-WGs ermöglicht, sondern auch dementiell Erkrankten solch ein WG-Zusammenleben erlaubt. In Wedel ein absolutes Novum, das auf großes Interesse stieß, wie die Rückmeldungen zeigten, die das DRK nach der Vorstellung des Projekts vor zwei Jahren erhielt.
Die Pläne liegen vor, der Bauantrag ist durch. Wieso geht es mit dem Großprojekt nicht voran? „Es liegt an der Finanzierung“, sagt Horst Rauser – bis zur Mitgliederversammlung am vergangenen Sonnabend Chef des Wedeler DRK, jetzt Ex-Vorsitzender – auf Nachfrage unserer Zeitung. „Wir werden derzeit nicht bauen können, weil es sich zurzeit nicht rechnet.“ Rauser will eine saubere Finanzierung, wie er betont, ohne Tricks und ohne dass das Projekt „irgendwie hingerechnet wird“.
Sechs Millionen Euro Gesamtkosten sind für das zweigeschossige Gebäude plus Staffelgeschoss veranschlagt. Die knapp 2000 Quadratmeter Gesamtfläche verteilt sich zu 52 Prozent auf die Wohngemeinschaften, 35 Prozent stehen für separate Wohnungen zur Verfügung, und 13 Prozent will das DRK selbst beziehen. Die Helfer benötigen Räume für den Katastrophenschutz und das Jugendrotkreuz. Sie hätten 30 verschiedene Finanzierungsmodelle durchgerechnet, erzählt Rauser. Immer blieb die Notwendigkeit für ein Eigenkapitalanteil von 10 Prozent übrig. Das sind 600 000 Euro. Diese Summe könne der Wedeler Ortsverband zur Zeit nicht aufbringen. „Die Eigenkapitaldecke ist abgeschmolzen“, erläutert Rauser. Gerade erst stemmten die Rotkreuzler die Finanzierung eines Mehrgenerationenhauses mit zwölf Wohnungen und einer Investitionssumme von 2,6 Millionen Euro. Das ging 2016 in Betrieb. „So viel Eigenkapital haben wir zurzeit nicht zur Verfügung“, konstatiert der Ex-Vorsitzende.
Finanzierungsfavorit sei ein Modell gewesen, das die Wohngruppen im Bereich der sozialen Miete ansiedelt. Dann hätte es nicht nur günstige, sondern auch langfristige Kredite der Investitionsbank gegeben. Aber mit sozialer Miete rechnet sich das Projekt nicht. Zumal darüber hinaus das DRK selbst auch noch kaltmietfrei unterkommen soll, erklärt Rauser. Frei finanziert gebe es in der Regel eine Zinsbindung über 15 Jahre. „Und dann?“, fragt der ehemalige DRK-Chef. Er wolle eine seriöse Lösung, die entweder über die gesamte Laufzeit alles festlegt, oder die zumindest nach 15 Jahren eine überschaubare Summe zurücklässt, die auch mit gestiegenen Zinsen noch zu wuppen sei. „Das sind wir unseren Nachfolgern schuldig“, bekennt Rauser.
Genug Bedenkzeit haben der neue Vorsitzende Heiko Westphal und sein Team auf alle Fälle. Die Baugenehmigung für das Alten-WG-Haus wurde im November 2018 erteilt und gilt für drei Jahre. Aufgeschoben ist also nicht aufgehoben. „Der neue Vorstand wird gegen Ende seiner Zeit entscheiden müssen“, stellt Rauser klar. Und er versichert: „Wir sind zuversichtlich, eine tragfähige Lösung für den Neubau zu finden.“
Inge Jacobshagen, Wedel-Schulauer-Tageblatt